DK7ZB > EMV 23.12.95 08:16 106 Lines 6597 Bytes #844 @DL BID : NC5DB0SIF04W Read: DJ3CW DJ9US DL5DAN DG7UAF Subj: SPIEGEL zu Elektrosmog Path: !DB0SEL!DB0ZDF!DB0SRS!DB0SIF! Sent: 951223/0705z @:DB0SIF.#HES.DEU.EU [Mailbox Giessen] BCM1.36p From: DK7ZB @ DB0SIF.#HES.DEU.EU (Martin) To : EMV @ DL Liebe Leser! Im zunehmenden "Elektrosmog"-Fieber gibt es auch zum Glck in der Presse dem Trend der Panikmache entgegengesetzte Artikel. In einem sehr lesenswerten Bericht hat der SPIEGEL (Heft 39/1995), eine eher kritische und auch fr Skeptiker unverf„ngliche Adresse, unter der šberschrift Angst vor der Endzeit Umwelthysterie und Aktionismus-die Deutschen im ™ko-Fieber auch den angeblich krankmachenden Elektrosmog unter die Lupe genommen. "Am esoterischsten wird das ”kologische Schreckensszenario, wenn die Rede auf elektromagnetische Wellen kommt, die aus dem Heizkissen, dem Toaster oder, schlimmer noch, von Fernsehtrmen und Hochspannungsleitungen ber das Land wa- bern und dabei selbst noch Betonw„nde durchdringen. Kaum ein Leiden, das nicht dem Elektrosmog angelastet wird: Die unsichtbare Strahlung soll ihre Opfer mit Nervosit„t, Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen peinigen, soll grauen Star, Allergie, Bluthochdruck und sogar Leuk„mie hervor- rufen. 800 000 Deutsche, behauptet Gerhard Niemann vom "Selbsthilfeverein fr Elek- trosensible" in Mnchen, litten als Folge von Elektrosmog unter Schlaf- und Ged„chtnisst”rungen. Anfangs waren es nur wenige, die sich vom allgegenw„rtigen Strom bedroht fhl- ten. Eine Welle der Panik brandet erst ber das Land, seit der Gebrauch von Funktelefonen in Mode gekommen ist. Damit die Handy-Benutzer berall erreichbar sind, mssen Tausende von Funktr- men errichtet werden - fast berall formiert sich Widerstand dagegen. Bereits mehr als 200 Brgerinitiativen wurden gegrndet, um den Bau der neuen Sendema- sten zu verhindern. Eine vor wenigen Wochen ins Leben gerufene Anti-Handy-Initiative in Berlin will sogar jeglichen Gebrauch von Funktelefonen verbieten. 'Die Funkwellen der Handys ver„ndern die Hirnstr”me', behauptet BI-Grnder und Umwelttechniker Hans-Kurt von Eiken, 36; eine solche Technik, raunt er, k”nne miábraucht wer- den, um die Brger fernzulenken. Der Protest zeigt Wirkung. Verwaltungsgerichte verh„ngen erste Baustopps, Um- weltministerin Angela Merkel will das aufgebrachte Volk durch Einfhrung von Grenzwerten fr elektromagnetische Strahlung beruhigen. Viel Wirbel um ein Hirngespinst. 'Jeder Einwohner eines Industriestaates ist heute einer hundertfach st„rkeren elektromagnetischen Strahlung ausgesetzt als sein Groávater vor 50 Jahren', sagt Physiker Gnter Nimtz von der Universit„t K”ln, 'doch die Krebsraten ha- ben sich seit damals nicht ver„ndert'. Solche Tatsachen irritieren die Stromgegener ebensowenig wie der Umstand, daá das statische Magnetfeld der Erde mit weit h”heren Feldst„rke auf die Menschen einwirkt als jede Starkstromleitung. Kein Wunder also, daá die rund 10 000 wissenschaftlichen Arbeiten, die in den letzten Jahren der Erforschung der Elektrosmog-Gefahr widmeten, kaum neue Er- kenntnisse brachten. 'Nicht eine einzige glaubhafte Darstellung', resmiert der Medizinprofessor Eduard David von der Universit„t Witten-Herdecke, liege der Strom-Hysterie zugrunde. Alle bisherigen Daten zeigten keinerlei Zusammenhang zwischen Krebs und Elek- trosmog, urteilte auch vor Wochen die Amerikanische Physikalische Gesell- schaft. Der Aufwand fr die Elektrosmog-Forschung habe lediglich dazu gefhrt, daá 'weit ernstere Umweltprobleme' zu wenig Beachtung fanden. Die einzig bekannte Wirkung elektromagnetischer Wellen besteht in der šbertra- gung von W„rmestrahlung, die wiederum von der Sendeleistung abh„ngt. Ein Extrembeispiel ist der Unfall eines Bundeswehrsoldaten, der im Jahre 1964 einem irrtmlich eingeschalteten Radarsender zu nahe kam. Seine K”rperzellen wurden gekocht; er erlitt schwere innere Verbrennungen und starb sp„ter an ei- nem Herzinfarkt. Die gebndelte Sendeleistung betrug in diesem Fall aber auch 2000 Watt - so als h„tte sich der Soldat in einen Mikrowellenherd gesetzt. Eine niedrigere Dosis vermag sogar zu heilen: Mit Mikrowellen werden Nerve- nentzndungen, zum Beispiel an der Zahnwurzel kuriert. Noch eine Stufe niedri- ger liegen die Energiemengen, mit denen šberlandleitungen oder Funktelefone die Menschen berieseln - v”llig ungeeignet, irgendwelches Gewebe zu sch„digen. Dies alles bestreiten auch die Elektrosmog-Gegner nicht. Sie spekulieren aber, jenseits der bekannten thermischen Wirkung gebe es noch unentdeckte Wirkkr„f- te, mit denen elektromagnetische Wellen biologische Prozesse st”ren k”nnten. Die Kronzeugen der Wellen-Gegner sind vom Schlage des Lbecker Medizinphysi- kers Leberecht von Klitzing (eines Bruders des Physik-Nobelpreistr„gers in Stuttgart). In seinem Labor will der regelm„áige Talkshow-Gast entdeckt haben, daá Mobiltelefone die Muster von Gehirnwellen ver„ndern k”nen. Ob dieses r„t- selhafte Ph„nomen gef„hrlich sei, wisse er allerdings nicht, sagt von Klit- zing. Spielt auch keine Rolle: Von keinem anderen Labor wurde ein solcher Ef- fekt jemals best„tigt. Neue Nahrung erhielt die Elektrosmog-Angst durch eine groáangelegte epidemio- logische Studie aus Schweden, in der die Lebenswege von 440 000 Menschen ver- folgt wurden, die l„nger als ein Jahr unter Starkstromleitungen gewohnt haben. Aus den Ergebnissen der Studie ergibt sich, wie Elektrosmog-Gegner immer wie- der gern zitieren, fr Kinder unter šberlandleitungen ein h”heres Risiko, an Leuk„mie zu erkranken. Was die Alarmisten unterschlagen: Nach derselben Stati- stik nimmt unter Stromleitungen das Risiko ab, einen Hirntumor zu bekommen - heilt Elektrosmog? Wie es zu einem solchen Datenschrott kam, l„át sich leicht erkl„ren: Die Zahl der erfaáten Krebsf„lle ist so gering, daá die jeweilige Abweichung von der Norm den natrlichen Schwankungen entspricht. Daá die Krebsraten unter Starkstromleitungen nicht signifikant ansteigen, ist fr Fachleute keine šberraschung: Schon wer sich t„glich nur zehn Sekunden elektrisch rasiert, nimmt die gleiche zus„tzliche elektromagnetische Dosis auf wie jemand, der unter einer šberlandleitung wohnt. Das grunds„tzliche Problem von rein epidemiologischen Betrachtungen besteht darin, daá mit Mitteln der Statistik fast immer irgendwelche Nonsens-Zusammen- h„nge hergestellt werden k”nnen. Der Aussagewert ist meist gleich Null. So wiesen britische Forscher krzlich nach, daá die Leuk„mierate in der N„he von Kirchen erh”ht ist. Daá die Zahl der St”rche in Europa im gleichen Maáe angenommen hat wie die Zahl der Geburten, heiát eben nicht, daá St”rche die Babys bringen." Auch wenn Diskussionen mit den Hysterikern oft nix bringen, vielleicht helfen die hier zitierten Argumente im sachlichen Gespr„ch... 73 de Martin, DK7ZB (EMV)-->